Secwepemc Museum, Basketball und dann noch Football hinterher
Donnerstag. Ja, das war auch ein langer Tag, denn wir hatten uns im Verlaufe des Tages entschlossen, das aktuelle, studentische Theaterstück "Moonchildren" zu besuchen. Im Grunde ging es um Zukunftsängste nach dem Abschluss des Studiums, zum Teil war es sehr witzig, aber wie immer sehr "ausgespielt", möglichst authentisch (Zeit war laut Drehbuch nämlich 70er) und dadurch insbesondere sehr lang. Um acht begann es und erst dreiviertel elf war jeder Faden fein säuberlich zu Ende gesponnen (ja, hier ist ein wenig Ironie versteckt). Es ist wirklich interessant zu sehen, wie unterschiedlich sich scheinbar Theater in Europa und hier entwickelt haben. Selbst junges Studententheater ist mehr wie eine Soap oder ein Spielfilm angelegt, präsentiert auf dem Servierteller und lässt kaum Gedanken offen (bis auf die eigenen zum Thema natürlich, sprich hier zur eigenen Zukunft). Diese Art scheint hier auch sehr beliebt zu sein, aber um ehrlich zu sein - mein Fall ist es nicht so ganz. Wenn auch insgesamt es ganz nett war, vor allem durch die witzigen Einlagen, und schließlich sind wir quasi zum halben Preis in die Vorstellung gekommen, denn nur Dan musste bezahlen, weil ich als Theaterstudentin auf der Freikartenliste stand.
Vor allem aber der Freitag war superaufregend diese Woche. Nach einem späten Frühstück ging es halb zwei auf zum Secwepemc-Museum. Für alle, die sich jetzt gerade die Zunge brechen: die frühen Siedler haben das auch getan und den hiesigen Stamm kurzerhand in Shuswap umbenannt, was deutlich einfacher ist. Also: Shuswap-Museum. Dort wurden wir auch gleich von einem First Nation begrüßt mit: ja, wir haben euch schon seit einer halben Stunde über die Brücke wandern sehen. Das nenn ich nach Feinden spähen. Wir mussten nämlich lange lange über eine noch längere Brücke über den South Thompson River laufen (bei kalten kalten Temperaturen und noch kälterem Wind), weil der Bus nicht auf diese Seite der Stadt fährt.
Nun gut, Eintritt gelöhnt und dann konnte die Geschichtsstunde losgehen. Es ist ein sehr liebevoll gestaltetes Museum, wirklich. Viele spannende Dinge waren ausgestellt, handgemachte Körbe aus Rinde, Kopfschmuck, ganze Häuptlingskostüme und zwei echte Kanus zum Beispiel - eins aus Birkenrinde für ruhiges Gewässer und eins für wilde Wasser. Außerdem gab es Fotos und Berichte zu den Residential Schools, zu denen First-Nations-Kinder in der ersten Hälfte des 20. Jahrhundert geschickt wurden: außerhalb elterlicher Reichweite, mit neuem, englischem Namen und vielen Verboten belegt. Die eigene Tradition, selbst die Sprache durften nicht ausgeübt werden. Zum Glück ist das heute anders und alle indianischen Sprachen sind als Zweitsprache etwa im Fremdsprachenunterricht anerkannt und werden wieder unterrichtet. Sehr spannend war auch das Modell eines "Kochtopfes": es wurde ein Loch in die Erde gegraben, unten hinein Brennbares, dieses angezündet, dann kam eine Steinschicht und schließlich verschiedenes Essen abgewechselt mit Zweigschichten. Oben wurde mit Sand abgedeckt, ein Loch hinein gestochen, Wasser dazu gegeben und los konnte es gehen!
Außerhalb des Gebäudes gab es dann noch einen Garten, in dem alle Pflanzen, auch Bäume, beschriftet waren, dazu gab es eine Begleitbroschüre, die aufklärte, wozu sie zu gebrauchen waren. Verschiedene Beeren wurden etwa nicht nur einzeln getrocknet, sondern auch zermanscht und dann als dünne Breischicht zum Trocknen gelegt, sodass etwas wie "Kekse" entstanden. Oder Ahornzweige und Saskatoon-Beeren wurden zusammen zu einer Medizin zusammengebraut, die Frauen nach der Geburt verabreicht wurde usw. Verschiedene Pinienarten (bzw ihre Nadeln) wurden geraucht und aus Knallerbsenstrauchzweigen (hier Snowberry) wurden Besen gefertigt. Ging man weiter durch den Garten, kam man dann sogar zu frühen Winterquartieren (also Nachbauten vielmehr) der Secwepemc-Indianer: wie Hügel ausschauende Unterschlüpfe, in die per Leiter von oben hinein gestiegen wurde und die innen eine Feuerstelle und Sitzmöglichkeiten beherbergten.
Schließlich kam dann sogar die Sonne raus und mehrere Schwärme Wildgänse umflogen uns. Das mahnte uns aufzubrechen und mit einem Halt bei Dairy Queen und einer kleinen Burger- und Eisstärkung (lecker frisch-knackig und lecker schokig-softeisig) schafften wir es sogar zu Fuß bis zur Umsteigestation (die mit den Pennern, ihr wisst schon). Der Bus fuhr nämlich inzwischen nicht mal mehr auf der Innenstadt nahen Seite des Südflusses. Sogar noch rechtzeitig kamen wir dann dreiviertel sechs am TRU Sportcenter an, wo unsere zwei Spaßkanonen Karie und Karrie schon freudig auf ihre internationalen Schützlinge warteten.
Gemeinsam mit weiteren europäischen und asiatischen Gaststudenten ging es dann auf in die neue Sporthalle (wo Dan mittwochs immer schwimmen geht, aber natürlich in den trockenen Bereich) zum Basketballspiel. Wolfpack (unsere Unimannschaft) trat gegen Alberta, besser gesagt Calgary, an. Sowohl das Damen- als auch die Herrenteam waren haushoch unterlegen, denn in einem Ort wie Kamloops mit einer recht kleinen Uni ist die Spielerauswahl naturgemäß nicht sehr groß. Bei den Herren spielte sogar George, Austauschstudent aus London, als Verstärkung mit, aber das half leider auch nicht viel, sodass außer Fouls auch hier nur 60 Punkte drin waren und somit unsere Jungs um 41 Punkte von Calgary geschlagen wurden. Spaßig war es trotzdem, vor allem weil es für uns von Karie und Karrie Pizza und Pop (also "Softgetränk" wie es bei uns so nett heißt) in Massen gab und der Wolfpack-Wolf uns mit Krallenkauen amüsierte. Die Cheerleaders waren allerdings mehr Fearleaders: das völlige Gegenteil von dem, was man sich herkömmlich unter diesen Mädels vorstellt: nicht sonderlich attraktiv, mit sehr russisch anmutender Schleife auf dem Kopf und dicker Schminke im Gesicht (nichts gegen nette Russinnen - ich habe damit nur nicht in Kanada gerechnet und Schleifen auf dem Kopf sind einfach nicht mein Fall..), und vor allem wurde nicht gecheert. In den Pausen gab es mal nen Flip Flop und einen 40-Sekunden-Tanz sowie In-Die-Luft-Geschleuder, aber während des Spiels war tote Hose. Da würde ich auch verlieren, ehrlich gesagt. Schon aus Frust über die Fearleaders.
Als beide Spiele dann vorbei waren, war der Bus natürlich wieder mal weg und wir hatten weitere 40 Minuten zu warten, was uns die Möglichkeit gab, noch dem draußen (bbbbrrrrrrbrbrbrbr) stattfindenden Football-Spiel zu folgen. Aber wir gaben das Nachvollziehen-Wollen alsbald auf, denn wenn alle sich für drei Sekunden auf eine "Pflaume" stürzen, um dann eine Minute rumzustehen, erschließt sich mir der Sinn daraus eher nicht. Aber eine Erfahrung war es auf jeden Fall wert, denn hier haben die Fans endlich mal Radau gemacht, wenn auch vor allem mittels behelfsweise zu Trommeln umgebeauten Wasserspendern.
Völlig kaputt stolperten wir dann schließlich am Abend in unser Bett, um es am Samstag dann mal endlich wieder ruhig angehen zu lassen.
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