2007/12/31

Winnipeg. oder: So groß ist Ontario

Uff. Nach wieder einmal einer ewig langen Busfahrt sind wir nun endlich im nächsten Bundesstaat, Manitoba, angekommen. Endlich wieder vernünftig duschen und frische Wäsche nach fast drei Tagen - ihr könnt euch nicht vorstellen, wie gut es uns jetzt wieder geht, auch wenn das Bad sich gerade selbst überschwemmt..
Wie dem auch sei, Ottawa haben wir ja irgendwann neulich (Zeitgefühl ist fort - welches Datum haben wir? Ist schon wieder Tag?) in äußerstem Schneesturm verlassen und dementsprechend waren wir dann mit etwas Verspätung am nächsten Mittag in "Soo", also Sault Ste. Marie, auf welches die Wahl für den Tagesausflug gefallen war. Einmal muss man sich schließlich auch eine kleinere, eine Industriestadt mit nichts außer jenem und natürlich dem obligatorischen Anteil an den Großen Seen, angeschaut haben. Verspätetes Frühstück gab es für uns in einem klassischen alten Diner, von unserem treuen Reiseführer Lonely Planet empfohlen. Dort saß scheinbar die Oberschicht des Städtchens, denn alle schauten aus wie normale Menschen, so weit das bei Kanadiern möglich ist ;). Nachweihnachtliche Stimmung war gegeben durch dekorativen Schmuck und Tannenbaum, alle wünschten sich Merry Christmas und wir wollten gar nicht mehr gehen. Irgendwann waren mein Toast mit Ei und Schinken und Dans Pommes mit Bratensoße und Burger aber alle und drum ging es dann auf in den Schnee. In Soo hat man noch nicht so recht was von Räummaschinen gehört, vermute ich, denn die Fußwege waren allesamt unauffindbar, inklusive des empfohlenen Wanderpfades, den wir vorhatten abzulaufen. Irgendwie haben wir uns aber durch die Gegend geschummelt, immer entlang des Kanals, der den Oberen See mit dem Huronsee verbindet, und den sich die Kanadier gebaut hatten, weil sie beim Benutzen des Kanals der Amis zu viel Zeit verloren hatten als die Besatzung irgendwie getrennt vom Schiff fahren musste oder so. Jedenfalls gibts jetzt auch auf kanadischer Seite einen beachtlichen Schiffsweg und wir haben den inzwischen zum Industriedenkmal erklärten Kanal samt seiner Schiffshebewerke unter fröstelnden und nassen Füßen bestaunen dürfen. Auch die amerikanische Flagge haben wir wieder einmal auf der anderen Seite des Ufers gehisst gesehen, die Amis scheinen irgendwie immer da zu sein und gehen nie fort. Sehr aufdringlich. Nach ein paar Stunden und langsamer Dunkelwerdung hatten wir aber dann alles ausgiebig betrachtet, waren außerdem ausreichend angefroren, sodass wir uns in die Mall der Stadt begaben, die uns als einzige Möglichkeit aufzutauen über den Weg lief. Dort blieben wir dann stundenlang. Bei Kaffee und heißem Apfelsaft bestaunten wir das Sooer Proletariat in Jogginghosen und entschlossen uns dann aus lauter Langeweile zu einem Kinobesuch, denn das Lichtspielhaus war praktischerweise gleich in die Mall integriert. Leider entpuppte sich "I Am Legend" als recht brutal und viel zu aufregend, sodass ich mich nur noch in den Sitz verkriechen konnte und mir von Daniel berichten ließ, was geschieht. Aber Zeit war damit immer noch nicht in ausreichender Menge totgeschlagen, denn der Bus fuhr erst kurz vor Mitternacht wieder ab und inzwischen war es erst halb neun. In aller Langsamkeit fanden wir das einzige am Samstag zu so später Stunde (räusper) noch geöffnete Restaurant Soos, welches Subway war. Aber auch dort konnten wir ja nicht drei Stunden an einem Salat und einem Brot knabbern, sodass wir schließlich in der Greyhoundstation zu Ende warteten. Ich dehne diesen bericht hier auch nur deshalb so aus, damit ihr nachvollziehen könnt, wie langweilig uns war. Obwohl Soo an sich ganz nett ist, nur nicht im Winter und bei Nacht.
Der Bus hatte dann leider auch fast eine Stunde Verspätung, die wir vor der Tür frierenderweise verbringen mussten, da der Andrang erstaunlicherweise recht hoch war und wir nicht das Risiko eingehen wollten, nicht mehr in den Bus zu passen. Und wir wollten auch keinesfalls wieder in der Nähe eines grölenden und in Alkohol gebadet habenden Mitreisenden sitzen, so wie es auf der Fahrt nach Soo gewesen war. Also lieber frieren.
Nach 20 Stunden weiterer Busfahrt haben wir jetzt Ontario endlich hinter uns gelassen; wir dachten schon, es würde gar kein Ende mehr nehmen. Die ganze Nacht und den ganzen Tag las man überall nur von eben diesem größten Bundesstaat auf den Straßenschildern und ich hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben, jemals hier raus zu kommen. Wieso war es auf der Hinfahrt nicht so lang? Oder befanden wir uns da schon längst im Ich-Merke-Nichts-Mehr-Busdelirium? Wahrscheinlich. Jedenfalls haben wir jetzt schon wieder über die Hälfte der Gesamtstrecke hinter uns, sagt Dan. Das freut mich, da kann ich jetzt erst einmal morgen in Ruhe Winnipeg erkunden, und Silvester feiern bevor es dann weiter, immer weiter, tagelang nur weiter nach Hause geht.
Kanada ist nämlich ganz schön groß..

Und PS: Die Leute auf dem Dach in Québec schippten da Schnee runter und lösten kontrolliert die Eiszapfen, weil sie es nicht dem angesagten Tauwetter überlassen wollten, arme Passanten zu erschlagen. Haben sie lieber selbst gemacht. Nur weil du gefragt hattest, Marko :)

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